Herrenhaus
Das Herrenhaus Vielau
Archäologie und Baugeschichte
Wasserburg, Rittergut, Herrenhaus
Mit Herrenhaus in Vielau wird das Wohngebäude der hier vormals ansässigen adligen Familie bezeichnet. Es waren Vasallen der Schönburger und von niederem Adelsstand (Ritterstand), daher auch die Bezeichnung als Rittergut. Unter dem zum Teil modern bebauten Gelände (Parkplatz Einkaufsmarkt) befanden sich Reste einer frühdeutschen Wehranlage. Der Heimatforscher Erich Wild konnte diese in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts dokumentieren. Die sichtbaren Reste des Turmhügels (Bühl) ließen auf einen Durchmesser von etwa 20 m schließen, die Grabenbreite betrug wohl 6 bis 8m. Das Bestreben die gesamte Befestigungsanlage unter Denkmalschutz zu stellen und somit der Nachwelt zu erhalten ist leider fehlgeschlagen. Formal wurde sie zwar unter Schutz gestellt und dieser Status bis 1958 vom ehemaligen Landesmuseum für Vorgeschichte in Dresden bestätigt, jedoch verhinderte dieses die Zerstörung nicht. Der Zeichner Georg Steckmar hat 1713 die Anlage wohl noch so deutlich gesehen, dass sie in eine Karte von ihm eingezeichnet wurde. Teile müssen zu diesem Zeitpunkt jedoch schon nicht mehr sichtbar gewesen sein. Bei Erschließungsarbeiten für das Herrenhaus im Jahr 2006 wurde der Wassergraben angeschnitten. Aus der Verfüllung des Grabens sind zahlreiche archäologische Funde des 14. bis 16. Jh. geborgen worden. Hierbei handelt es sich um Reste von Gebrauchskeramik die bei der Verfüllung des Grabens eingebracht wurden. Sie geben Aufschluss über die Nutzungsdauer der Befestigungsanlage. Mauerreste im jetzigen Gebäude lassen auf Vorgängerbauten schließen.
Im Jahr 2006 wurde begonnen, das historische Herrenhaus des ehemaligen Rittergutes Vielau aus dem Jahr 1696, welches dem Verfall preisgegeben war zu sanieren. In bewährter Weise wie bei der Sanierung der Brauerei haben Gemeindeverwaltung, Verein und unzählige Bürger an der Umsetzung dieses anspruchsvollen Vorhabens mitgewirkt. Die Fertigstellung des Hauses, welches als Bürgerbegegnungsstätte genutzt werden soll, erfolgte am Wochenende des 16.-17.09.2009. An diesem Tag waren alle Interessierten eingeladen, den Abschluss der Arbeiten zu begutachten und gemeinsam zu feiern.
Die Schwarzküche im Herrenhaus Vielau
Wie in vielen historischen Gebäuden so hat es auch im Vielauer Herrenhaus eine
sogenannte Schwarzküche*gegeben, in der auf offenem Feuer Speisen zubereitet wurden.
Die aufgefundenen Keramikscherben von Grapenfußtöpfen** belegen dies.
Bei bauvorbereitenden Arbeiten konnte die Schwarzküche in der Nord-West Seite des Hauses lokalisiert werden. Dort befinden sich zwei Räume mit Gewölbedecken und starken Grundmauern aus Bruchsteinen, die vermuten lassen, dass es sich hier um ältere Gebäudeteile handelt welche 1696 in den Neubau des Herrenhauses integriert wurden.
In einem Raum ist nach Entfernung des Verputzes die Rußablagerung an Wänden und Decke noch deutlich zu erkennen.
Der zweite Raum diente vermutlich als Lagerraum (Bild 1). Die starken Wände und das Gewölbe boten ein geeignetes Lagerklima. Dies war am hiesigen Standort besonders wichtig, da durch das bodennahe Grundwasser nur ein Gebäude des Rittergutes teilweise unterkellert war.
Dieses war die Scheune die an Stelle des heutigen Plusmarktes gestanden hat.
Der Lagerung von Lebensmitteln geht üblicherweise eine Haltbarmachung voraus.
Eine hierzu geeignete und bis heute praktizierte Methode ist das Räuchern.
Auch hierzu gibt es im Herrenhaus den Nachweis. Der Raum über der lokalisierten Schwarzküche zeigt ebenfalls an den Wänden und der Decke deutliche Rußablagerungen.
Eine Öffnung in der Gewölbedecke der Schwarzküche leitete den Rauch gezielt in die darüberliegende Räucherkammer.
Der weitere Rauchabzug erfolgte vermutlich über eine (mit Blech ausgekleidete?) Haube über das Dach. Rußspuren an Balken und eine schräge Balkenausarbeitung deuten darauf hin.
Im Zuge der weiteren Entwicklung wurde an Stelle dieses einfachen Rauchabzuges der natürlich eine hohe Brandgefahr mit sich brachte, ein gemauerter Schornstein eingebaut.
Dieser ist mit Ziegeln im sogenannten Reichsformat ausgeführt.
Hierzu kam ein zweiter Schornstein um weitere Räume im Haus beheizen zu können. Dieser ist im modernen Ziegelformat ausgeführt und somit später errichtet.
Mit dem Rauchabzug durch einen Schornstein war es möglich effektivere Öfen
und Herde einzusetzen da nunmehr eine bessere Zugregelung und Wärmespeicherung
möglich war. Reste von alten Ofenkacheln belegen diese Entwicklung.
Ein primitiver Küchenherd wurde ebenfalls in der ehemaligen Schwarzküche unter einer hölzernen Ablage gefunden. Es handelt sich hierbei um eine aus Ziegelsteinen, handgefertigten Dachziegeln und Lehm errichtete einfache Feuerstelle die mit einer Herdplatte aus Eisen und einen Rauchabzug zum Schornstein versehen war.
Dieser Schornstein konnte die Abluft weiterer Feuerstellen aufnehmen. So auch den Rauch einer nunmehr verkleinerten Räucherkammer die jetzt separat mit Spänen befeuert werden könnte.
Ein späterer Umbau verlegte die Tür der Räucherkammer in Richtung Hausflur.
Eine Zielstellung der Gebäudesanierung besteht darin die alte Schwarzküche und die Rächerkammer wieder funktionsfähig herzustellen um sie im Rahmen des Geschichtsunterricht oder zu Aktionstagen in Betrieb zunehmen.
* Schwarz- oder Rußküche bezieht sich auf die Rußablagerungen an Decke und Wänden
** Grapen- oder Dreifußtöpfe wurden direkt über das offene Feuer gestellt
Historischer Lehmbackofen
Ende 2012 begannen die Arbeiten am historischen Lehmbackofen, da er den Ausgrabungen zufolge auch in früheren Zeiten hier gestanden hat. Nur aus Roggenmehl, Sauerteig, Wasser und Salz kann dann ein köstliches „Herrenhausbrot“ gebacken werden. Einige Freunde und Förderer hatten mit ihrer Mitarbeit den Baufortschritt beschleunigt. Auch hat sich der eine oder andere Gast mit einer finanziellen Zuwendung beteiligt – vielen Dank dafür!